Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren,
Strukturwandel – Verkehrswende – Klimawandel – Agrarwende - Demografischer Wandel - Energiewende - Digitaler Wandel - Industriewende - Das sind nach wie vor die Schlagworte unserer Zeit. Damit gehen die großen Krisen der Gegenwart einher wie Verlust der Biodiversität, wachsende soziale Ungleichheit, Armut, Hunger, Flucht und Vertreibung, Krieg und Terrorismus, zunehmender Rassismus und Nationalismus. Untragbare Äußerungen der Trumps, Erdogans, Johnsons, Orbans, Salvinis sowie politischer Kräfte mitten in Deutschland und ihre unfassbaren Verhaltensweisen dürfen nicht länger Vorbild sein für Bürger, die sich benachteiligt oder abgehängt fühlen.
Auch wir als Gemeinde Hochdorf verantworten einen Teil des Ganzen mit unseren kommunalpolitischen und haushälterischen Überlegungen und die Entscheidungen erweisen sich teilweise als Kompromiss, als mehr oder weniger gelungener Spagat. Das Eine tun, dabei das Andere nicht lassen erfordert Einsicht in Zusammenhänge, und wir wollen uns mühen, keinen der bedingenden Faktoren aus dem Auge zu verlieren. Wenn wir etwas wenden wollen, dann muss sich zuerst die Gesellschaft wenden oder wandeln, auch unser Denken und Handeln. Wir brauchen quasi den „Verhaltenswandel“, der sich in unserer Sprache und im Umgang miteinander und mit allem, was uns anvertraut ist, zeigen muss. Unsere Prioritäten verschieben sich immer mehr. Man schwärmt von künstlicher Intelligenz, manche versprechen sich davon große Erleichterungen und ich bin mir nicht sicher, ob mit dieser Errungenschaft immer intelligent genug umgegangen wird. Unser Wunsch für Hochdorf: Bei allem Fortschritt geerdet bleiben, kritisch sein, mitdenken.
Vermutlich fiele es gar nicht groß auf, wenn ich die HH-Rede vom letzten Jahr halten würde, denn in weiten Teilen gilt sie noch genau so, das wird man auch an unseren HH-Anträgen erkennen, bei denen wir uns angesichts der angekündigten Pflichtaufgaben zurückhalten. Es müssen auch nicht immer wieder alle geplanten Projekte aufgezählt und auf in den vergangenen Jahren durchgeführte verwiesen werden.
Es ist allerdings gut, Frau Haller, dass Sie uns dezent aber deutlich auf den Status quo hinweisen: wir sind eigentlich am Limit. Der Ergebnishaushalt kann nur aufgrund der darzustellenden finanziellen Konsequenzen aus der Hofäckerumlegung ausgeglichen werden, was nun ein einziges Mal rein optisch beeindruckt.
Dass wir weniger an Gewerbesteuerumlage abführen müssen, bringt uns nicht viel: wir sind eine Kommune mit geringem Gewerbesteueraufkommen. An dieser Stelle wird deutlich, dass das Gewerbegebiet „Mittleres Feld“ bei stetig steigenden Kosten für Hochdorf sehr bedeutsam sein wird.
Nun müssen wir festlegen, wohin unsere kommunale Entwicklung gehen soll und darf und wo die Grenzen sind. Wir müssen ein verträgliches, ökologisches und ökonomisches Gleichgewicht definieren. Insofern bedeutet der kommunale Haushalt immer ein Bedingungsgefüge, das uns ständig bewusst und klar sein muss: es bedeutet, dass wir die Dinge zu Ende denken. Die Entscheidungen des Gemeinderats dürfen sich nicht an momentanen Wünschen und Vorstellungen orientieren, sondern müssen seriös im Hinblick auf künftige Bedarfe und Notwendigkeiten sowie deren Kalkulierbarkeit und Machbarkeit getroffen werden.
In unserem sozialen und demokratischen Verständnis sind für ein funktionierendes Zusammenleben die Bereitschaft zu offener, ehrlicher Kommunikation, das gemeinsame, solidarische Bewältigen von Anforderungen und das Identifizieren mit der Heimatgemeinde Voraussetzung. Wir freuen uns natürlich, dass unser Antrag auf Erwerb der Friedenskirche mit Zustimmung aller Fraktionen umgesetzt wurde, weil wir darin alle einen großen Mehrwert für Hochdorf sehen. Aber auch bei den weiteren Anträgen aus 2019 geht es um den Mehrwert für die Hochdorfer Mitbürgerinnen und Mitbürger, darum verweisen wir auf diese Anträge erneut: Nichts davon hat sich erledigt oder entscheidend gebessert, nicht die Radwege, nicht die Situation der Ladeinfrastruktur, der Beschilderung „freiwillig Tempo 40“, nicht die Friedhofsituation und nur minimal die Leerfahrten der Rexerbusse, nicht wesentlich die Situation des ÖPNV, und die Veränderung unserer Grünflächen hin zu echten Ökosystemen muss ein ständiges Anliegen sein.
Nicht nur in der Pädagogik weiß man vom Lernen durch natürliche Konsequenzen. Aber wollen wir es tatsächlich darauf ankommen lassen? Wie weit wollen wir gehen, wie lange warten wir, was riskieren wir?
Das Erkennen, wann es nötig und richtig ist, eine Situation neu zu bewerten und gegebenenfalls eine Entscheidung zu revidieren bedarf einer gewissen Sensibilität und ist durchaus kein Makel. Es ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass ein Gremium immer bereit und willens ist, Gespräche zu führen, Entscheidungen zu aktualisieren und auf Relevanz und Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
Wir haben gehört, dass wir in den kommenden Jahren mit einer deutlichen Kostensteigerung vor allem im Bereich der Kinderbetreuung und mit Kosten für die Sanierung kommunaler Liegenschaften zu rechnen haben. Offen, flexibel und auch kreativ müssen dann unsere Überlegungen sein. Was muss sein, worauf können wir verzichten?
Nicht jeder hat das Glück, in Hochdorf eine Zeit erlebt zu haben, in der die Wiesen bunt, die Wälder gesund, die Landwirtschaft kleinteilig und biologisch, die Streuobstwiesen gepflegt und geschätzt und der Verkehr erträglich war. Das gab es einmal, dafür gab es Vieles nicht - und keiner will das Rad zurückdrehen. Aber für eine intakte Umwelt und den Erhalt unserer grünen und ländlichen Umgebung müssen wir deutlich mehr tun – und uns festlegen, dass mit der Entwicklung des mittleren Feldes die Außenentwicklung ausgereizt ist. Der Engpass auf dem Hochdorfer Wohnungsmarkt ist damit wohl etwas entschärft, vorerst jedoch zu einseitig: wir wollen, dass sich Hochdorf zu einer Quote entschließt, die das Bauen von bezahlbarem Wohnraum anteilmäßig festlegt und sichert.
Mit dem Thema „Wohnen“ ist auch das Thema ÖPNV verbunden. Wer Wohnraum sucht, wird sich dahin orientieren, wo es eine gute Anbindung durch öffentlichen Personennahverkehr gibt. Wir lesen, dass es vom Bund für dessen Ausbau mehr Geld für die Länder und Kommunen gibt und fragen: wo genau steckt unser Hochdorfer Anteil?
Reizthema in Hochdorf ist nach wie vor der Verkehr und die Parksituation. Ein grundsätzliches Parkkonzept ist nötig, zumindest für den Ortskern sollte man über Anwohnerparkausweise nachdenken. Garagen sollen für Pkw genutzt werden, als solche wurden sie beantragt und genehmigt. Gegebenenfalls muss man sich sonst auf etwas weitere Fußwege einstellen.
Im Hinblick auf Mobilität muss auch das gesamte Thema „Radverkehr“ auf unserer Agenda bleiben. Ganz sicher kann man dieses und einige weitere Themen interkommunal effektiver und nachdrücklicher voranbringen.
Liebe Hochdorferinnen und Hochdorfer, wir freuen uns, wenn wir von Ihnen Anregungen bekommen, wenn Sie uns Ideen und auch Kritik zukommen lassen, denn wir sind uns durchaus im Klaren darüber, dass unsere Anträge manchen nicht gefallen. Dann lassen Sie uns miteinander reden, wir bevorzugen das persönliche Gespräch, auch wenn es politisch korrekt scheint, die Welt mit „tweets“ oder gar anonymen Kommentaren zu überziehen….
Eingangs erwähnte ich unseren Wunsch für Hochdorf und möchte ergänzen: es muss uns darum gehen, ein Profil zu finden für Hochdorf, das zukunftstauglich ist und dabei zu uns passt: dörflich, herzlich, nachbarschaftlich, ökologisch, kreativ, kommunikativ und offen wollen wir sein.
Und lasst uns nicht vergessen, dass sich angesichts der neuen Entwicklungen manche unserer Themen als Luxusproblem darstellen.
Schließen möchte ich mit dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung. Dem vorgelegten Haushaltsplan 2020 und der Haushaltssatzung stimmen wir vorbehaltlich der Beratungen im Gemeinderat zu.
Im Namen der SPD-Gemeinderatsfraktion danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Margret Messerle – Karsten Rößler - Beate Schmid